Logo der Jubiläumsveranstaltung zum 60jährigen Streckenjubiläum der Ostertalbahn (Streckenabschnitt Ottweiler - Niederkirchen) © by Reiner Kunz |
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60 Jahre Ostertalbahn - und dann...??
Zur Diskussion |
Als 1998 bekannt wurde,
dass die DB AG die 21 km lange Ostertalstrecke Ottweiler (Saar) -
Schwarzerden stilllegen will, musste etwas geschehen. Nicht nur, dass
bei der Fa. IWS in Schwarzerden über 500 Arbeitsplätze u. a.
auch auf den Schienentransportweg angewiesen
waren. Die Ostertalstrecke führt durch eine der reizvollsten
Landschaften
des Saarlandes. Hier sollte es jetzt - wenn sich die DB AG aus der
Region
zurückzieht - möglich sein, der Strecke eine weitere Aufgabe
zum
Wohle der Touristik-Region Ostertal zuzuweisen. Damit könnte auch
-
neben dem Güterverkehr - ein zweites Standbein für die gerade
mal
60 Jahre alte Strecke aufgebaut werden. Mehrere Eisenbahnfreunde begannen ihren „Kampf“ für die Zukunft der Ostertalbahn und die Region, u. a. mit dem nachstehenden Diskussionsbeitrag von Reiner Kunz. |
60 Jahre
Ostertalbahn - und dann...??
Schon früh wurden Stimmen laut, die eine künftige Nutzung der Bahntrasse als Radweg vorschlagen. Aus dem Ostertal sprach sich insbesondere der Niederkircher Ortsvorsteher Georg WYDRA für eine Lösung ähnlich dem „Fritz-Wunderlich-Wanderweg“ aus. Er schreibt: „Aus meiner Sicht bietet es sich an, die Strecke von Ottweiler bis Schwarzerden – wie es der Kreis Kusel mit dem Fritz-Wunderlich-Wanderweg vorgemacht hat – für Wanderer und Fahrradfahrer zu erschließen. Das Ostertal könnte dann sowohl von Ottweiler als auch von Kusel aus angegangen werden. ... Der sanfte Tourismus könnte sicherlich unserer Region neue wirtschaftliche Impulse geben. Vor dem Hintergrund fehlender Arbeitsplätze sollten die verantwortlichen Politiker die Chance nutzen, nicht um sich selbst zu profilieren, sondern um die Region nach vorne zu bringen...“ Dem ist im Grundsatz – nämlich hinsichtlich der notwendigen wirtschaftlichen Impulse – sicherlich vorbehaltlos zuzustimmen. Seit Jahren wird für das Ostertal der sogenannte „Sanfte Tourismus“ propagiert. Man kann sicher darüber diskutieren, ob die Tourismusförderung für das Ostertal bisher von allen Seiten mit dem notwendigen Nachdruck betrieben wurde. Daß sie notwendig ist und Tourismus absehbar als einzige Wirtschaftsform zusätzliche Arbeitsplätze ins Ostertal bringen kann, steht wohl außer Zweifel. Aber wie steht es um die Tourismusregion Ostertal?? MdL Armin LANG, selbst im Ostertal heimisch, fordert: „...Innovative Ideen und Phantasie sind gefragt. Wir müssen dabei vor allem mit den Pfunden wuchern, die wir in unserer Heimat zu bieten haben: Unsere erfolgreiche selbstvermarktende Landwirtschaft und unsere attraktive Landschaft als Grundlage für eine touristische Entwicklung sind hier zwei Beispiele ..." „Die saarländische Landesregierung hat den Tourismus zu einem Schwerpunkt ihrer Strukturpolitik gemacht hat.“, so die für den Tourismus im Saarland zuständige Ministerin Christiane Krajewski. „Die dafür eingesetzten Haushaltsmittel wurden seit 1985 verdreifacht. In diesem Jahr sind rund 15 Mio. DM eingesetzt. Sie fließen in öffentliche und private Projekte sowie an Einrichtungen, die den Tourismus voranbringen. Es ist erfreulich, daß die Städte und Gemeinden des Landes erkannt haben, wie wichtig es ist, die kulturhistorisch bedeutenden Orte und Denkmäler zu pflegen und erlebbar zu machen.“ Wie sieht es in dieser Hinsicht mit dem Ostertal aus? In dem neuen Landesentwicklungsplan Umwelt 1998 ist der Bereich Ostertal – ab Werschweiler immerhin Teil des Naturparks Saar-Hunsrück - jedenfalls nicht einmal als Schwerpunktraum Tourismus ausgewiesen und nach der Presseberichterstattung zu urteilen, hat sich der Stadtrat St. Wendel zum Thema Landesentwicklungsplan lediglich darüber gestritten, ob der Kasernenbereich als „Vorrang-“ oder „Vorbehaltsgebiet“ für Gewerbe einzustufen ist. Festgestellt werden kann jedenfalls, daß insbesondere die Gemeinde Freisen, aber auch die Stadt Ottweiler für ihre Ostertal-Stadtteile wenigstens eine konsequente Tourismuswerbung bis hin zu einer attraktiven Internet-Präsens aktiv betreiben. Die Stadt St. Wendel hat im Rahmen ihres Radwegenetzes inzwischen eine hervorragende Dokumentation verschiedener gekennzeichneter Radwanderstrecken veröffentlicht, die das Ostertal bereits von Dörrenbach bis Osterbrücken gut erschließen. Auf der restlichen Strecke bis zur Talbrücke Oberkirchen (Anschluß an den genannten „Fritz-Wunderlich-Weg“ auf der ehem. Bahntrasse Freisen - Kusel) gibt es bis Haupersweiler einen gut nutzbaren Rad-/Fußweg entlang der neuen Kläranlage und zwischen Haupersweiler und Oberkirchen den vorhandenen Rad-/Fußweg entlang der Landstraße. Warum aber sollte nun auf der Bahntrasse - unmittelbar neben den parallel dazu verlaufenden Radwegen - ein zusätzlicher Radweg erforderlich sein? Wer übernimmt die Kosten für Herrichtung und künftige Unterhaltung des Radweges? Welchen zusätzlichen Nutzen könnte dieser für das Ostertal bringen? Die bereits vorhandenen Radwege erschließen dem Radwanderer neben den Ortslagen der Anliegerorte u. a. auch solch interessante Strecken wie den Bereich der Osterrenaturierung unmittelbar. Ein Radweg auf der Bahntrasse würde die Rad-/Wanderer an vielen Ausflugspunkten in gebührendem Abstand vorbeischleusen. Und wie vereinbart sich das mit der aktuellen Meinung des für Umwelt und Verkehr zuständigen Ministeriums für Umwelt, Energie und Verkehr: „...In einer landesweiten Initiative sollen Radwege an den Bundes-, Land- und Gemeindestraßen sowie die fahrradtauglichen Feld- und Waldwege miteinander zum Rad-Mobilnetz verknüpft werden. Die Maxime lautet: Mit relativ geringem Investitionsaufwand einen möglichst großen Verkehrswert erreichen.“ ? Dabei hat die Region, haben die Ortschaften zwischen Ottweiler und Schwarzerden für den Tourismus tatsächlich bereits einiges zu bieten: Sehenswertes:
Apothekenmuseum in Ottweiler
Denkbar wäre eine Lösung für die Ostertalbahn, mit der möglicherweise neben dem Gleisanschluß für die IWS eine für den Tourismus nutzbare Attraktivität erhalten werden kann. Während in der Woche weiterhin die Überführungsfahrten zu den IWS durchgeführt werden könnten, stünde die Strecke z. B. an Sonn- und Feiertagen für den Tourismusverkehr zur Verfügung. Positive Beispiele für die entsprechende Nutzung ehemaliger Bahnstrecken gibt es mehrfach:
Sie haben – z. B. gegenüber einer Rad-/Wanderweg-Nutzung – entscheidende Vorteile:
In Kontakten zu Museumsbahnvereinen bzw. Verkehrsunternehmen wurde die grundsätzliche Bereitschaft zu Fahrten auf der Ostertalbahn erklärt. Mittel- oder langfristig kann die Bereitstellung eigener Fahrzeuge ins Auge gefaßt werden. Wenigstens einmal monatlich (z. B. am ersten Sonntag im Monat) während der Saison von Mai – Oktober könnten Pendelfahrten zwischen Ottweiler und Schwarzerden stattfinden. Eingesetzt werden könnte eine für die Strecke typische Triebwageneinheit, die Wanderer und Radwanderer ins Ostertal bringt. Mit dem Service eines kostenlosen Fahrradtransportes wäre die Möglichkeit gegeben, daß Radwanderer beliebige Strecken mit dem Zug zurücklegen und ihren Weg auf den Radwanderwegen im Ostertal und zu naheliegenden Ausflugszielen fortsetzen. Die Ostertalstrecke könnte damit eine Zubringer- und Erschließungsfunktion für die Touristikregion Ostertal übernehmen. Allein am Beispiel der Osterrenaturierung wird deutlich, daß sich Investitionen in solche Projekte nicht nur wie in diesem Fall wegen der Sicherung der natürlichen Lebensgrundlage Wasser lohnen. Die Entwicklung dieses Projektes stieß bisher auf ein reges überregionales Interesse. Für interessierte Besuchergruppen wurde ein Lehrpfad angelegt und werden Führungen angeboten. In allen Fällen profitieren die Menschen und die Natur im Ostertal auch von diesem Projekt, womit das Hauptziel erreicht wird. Dies ist auch deshalb wichtig, weil das Ostertal einen bedeutsamen Ausgleichsraum für die Erholungsuchenden aus den benachbarten Verdichtungsräumen darstellt. Hierin liegt auch eine große Chance für die Ostertalortschaften, sich dieses Potential zunutze zu machen. Viele kleine Bausteine müssen hierfür zusammengefügt werden, die Osterrenaturierung und die Abwasserklärung sind in diesem Kontext ein Eckstein. Aber ich meine, es geht bei dem Versuch der Rettung der Ostertalstrecke nicht zuletzt auch darum, mit einer betriebsfähigen Ostertalbahn ein lebendiges Stück Technik- und Kulturgeschichte zu erhalten, das die Entwicklung der Ostertalregion über Jahrzehnte geprägt hat. Was mit dem Bau der Ostertalbahn für die Region so hervorragend begonnen hatte („...dann gibt's eine andere Welt!“), wird sonst wahrscheinlich durch den Schneidbrenner in einer Nacht- und Nebelaktion zerstört wie bei der Demontage der Bliestalstrecke zwischen Reinheim / Bliesbruck und Schwarzenacker im Frühjahr 1997. Der Bürgermeister der Gemeinde Gersheim, Lothar KRUFT, erklärte damals: „Wir müssen langfristig denken, denn man weiß nicht, was in 20, 30 Jahren ist und wir sollten uns nie den Vorwurf machen, nicht genug für den Erhalt der Bahn gekämpft zu haben.“ Eine Einstellung, die vorbehaltlos auch für die Ostertalstrecke ihre Gültigkeit hat! Vordringliches Ziel muß es deshalb sein, zunächst wenigstens den Abbau der Strecke abzuwenden und eine Konzeption für künftige Nutzungsmöglichkeiten - ggf. auch Zwischenlösungen - zu erstellen. Ist die Strecke nämlich erst einmal abgebaut, dann ist der Zug für das Ostertal im wahrsten Sinne des Wortes abgefahren... Ich möchte diese Ausführungen abschließen mit einigen Zeilen aus dem Bericht von Günter STOLL über das 60jährige Streckenjubiläum der Ostertalbahn, denen eigentlich nichts hinzuzufügen ist: „...Wenn man den lobenden Worten der anwesenden Politiker glauben kann, wollten sie sich auch fürderhin für den Erhalt dieser Eisenbahntrasse einsetzen, der Rückbau der Gleisanlagen wäre ein kostspieliger Rückschritt.“ - „Am Ende eines solchen Berichts darf auch einmal eine Vision stehen: Wäre es ganz auszuschließen, daß in einer Zeit, in der aus ökologischen Gründen der Nah- und Fernverkehr, der Personen- und Güterverkehr mehr und mehr von der Straße auf die Schiene verlagert wird, eines Tages die alte Trasse der Ostertalbahn einmal in verschiedenen Zeit-Takten mit modernen Zügen der Stadtbahn Saarbrücken befahren werden könnte? In 45 Minuten von Schwarzerden nach Saarbrücken – vielleicht im Jahre 2007 – zum 70.Jubiläum der Ostertalbahn? – Das wäre doch etwas!!“ Reiner Kunz (Fassung Mai 1999)
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Inzwischen gibt es „grünes Licht
für die Ostertalbahn“:
Zum 1. Januar 2000 konnte die Strecke in die
Obhut
des Landkreises St. Wendel
übernommen werden. Nähere
Informationen erhalten Sie auf der Homepage des